Wer Erwachen wahr und wirklich in sich erfahren hat, ist nicht sogleich erhaben. Denn das eigene Bewusstsein engt und weitet sich weiter, das Herz öffnet und schließt sich, die Gedanken sind immer wieder einmal still und ein anderes Mal voller Worte und Bilder. Das Spüren ist mal voller Eindrücke und mal unbewusst. Die Aufmerksamkeit ruht auch weiterhin mal im Innern und mal schwirrt sie umher.
Es ist hilfreich, sich an die Momente des eigenen Erwachens zu erinnern. Um Erwachen in immer mehr Umständen erneut zu erfahren. Um sich selbst mehr und mehr mit der Einen Lebendigkeit zu verbinden, die alles ist und wirkt. Niemand anders als du selbst hältst dich davon ab, das eigene Erwachen in der Zeit auszudehnen.
Erhaben ist der und die, die ihr Erwachen in sich wach hält, gegen Widerstände im eigenen Innern und Außen, und die in der Verbundenheit mit dem Leben nicht mehr wankt. Erhaben ist die und der, der die Schalen des eigenen Gemüts so weit geöffnet hält, dass das Licht des Selbst beständig in ihn fällt.
Lebst du erhaben? Kennst du einen Erhabenen, eine Erhabene persönlich?
Die Frage des zweiten Bruders an die weise Frau (Geschichte Nr. 11)
«Ich folge dir schon seit Tagen. Wie lebendig du doch bist! Du scheinst mir viel lebendiger zu sein als ich es bin und als die Menschen, die dich um Rat fragen. Wie kann ich so werden wie du?»
Die Frau steht sanft und still und blickt ihm in die Augen. «Folgst du der Liebe oder der Angst?»
«Der Liebe natürlich!»
«Ist das wahr? Was heißt es für dich: ‹Der Liebe folgen›? Wie tust du das?»
Der Blick des Bruders schweift ab und nachdenklich senkt sich sein Kopf. «Ich weiß es nicht …»
«Kannst du mir sagen, was in diesem Moment in dir ist? Bist du in Liebe, angebunden an dein Selbst, mit dem Leben im Kontakt und Einklang und mit dir selbst im Frieden? Oder bist du der Angst näher, von Gedanken umfangen, von Sorgen und Emotionen, uneins mit dir selbst oder mit jemandem, der dir nahe steht? Kannst du für dich den Unterschied wahrnehmen?»
«Ja, das kann ich.»
«Dann tue es ab jetzt so: Wenn du in Liebe bist, dann handle, agiere, entscheide: Breche auf, wenn dir nach Aufbrechen zumute ist, bleibe, wenn dir nach Bleiben zumute ist, baue etwas auf, wenn dir nach Aufbauen zumute ist und reiße etwas nieder, wenn dir nach Erneuerung zumute ist.
Wenn du in Angst bist, dann halte inne in deinem Handeln und Agieren und treffe keine Entscheidung. Schaue um dich. Umarme deine Wahrnehmungen, Empfindungen, Gefühle, Gedanken und vor allem dich selbst. Finde deine Mitte, deinen Raum, deine Ausrichtung. Halte dich, richte dich auf und kehre zurück zum Licht. So wirst du die Lebendigkeit mehr und mehr finden.»
«Danke für deine Worte!»
«Ich danke dir.»
[aus: jahnna – Buch der Menschen, Text: «Wem folgst du?»]
PS: ‹Erhaben› ist eines der Worte mit der Vorsilbe ‹er›, siehe auch ‹erleben›. ‹Erhaben› bedeutet im Ursprung: «IHN, das Leben selbst, (in sich) haben».
das Selbst verwirklicht Einklang Bestimmung Glück Christus Übung
veröffentlicht am 23.5.2016, letzte Änderung am 30.10.2021 um 20:10 Uhr
Was wahr und wirklich ist
Christoph Steinbach und Jaipur
412 Seiten, gebunden, mit 22 Zeichnungen des Verfassers
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